Das schlechte Gewissen in der Promotion mit Kind: Was tun, um endlich mit gutem Gefühl zu schreiben?
Das schlechte Gewissen ist für die meisten Promovierenden mit Kind ein ständiger Begleiter. Und zwar in jeglicher Hinsicht: Wenn wir gerade am Schreibtisch sitzen und uns der Dissertation widmen, denken wir: „Ich vernachlässige gerade meine Kinder und wäre jetzt viel lieber bei ihnen.“ Wenn wir gerade mit unseren Kindern auf dem Spielplatz sind, denken wir: „Jetzt sollte ich eigentlich an der Dissertation schreiben.“ Und wenn wir einer bezahlten Tätigkeit nachgehen, vielleicht auch noch: „Jetzt arbeite ich für das Projekt, dabei könnte ich doch etwas für die Dissertation tun oder bei meinen Kindern sein“, oder andersherum: „Ich sollte jetzt eigentlich an dem Paper weiterarbeiten, das ich mit meiner Kollegin veröffentlichen will.“ Wenn wir ehrlich sind: Das raubt Kraft, kostet Energie und macht uns unzufrieden.
Warum machen wir es uns so schwer? Aus welchem Grund lassen wir das Gewissen immer dazwischenfunken, anstatt unseren Fokus zu behalten? In diesem Beitrag liest du, warum das schlechte Gewissen in der Promotion – gerade bei uns Eltern – omnipräsent ist und was wir tun können, um uns im Schreibprozess und in der Zeit mit unseren Kindern wieder frei zu fühlen.
Innere Zerrissenheit: Nicht bei der Sache sein, sondern gedanklich woanders
Der Grund, warum wir uns beim Schreiben, Arbeiten oder Spielen schlecht fühlen, scheint immer derselbe zu sein: Wir gehen einer bestimmten Aufgabe nach und haben gleichzeitig das Gefühl, dass deshalb eine andere Aufgabe oder Person zu kurz kommt, um die wir uns in diesem Moment eigentlich kümmern sollten. Während wir also schreiben, sind wir gleichzeitig der Meinung, jetzt nicht schreiben zu dürfen, weil wir besser für unsere Kinder da sein sollten – und umgekehrt. Vielleicht sehen wir in Gedanken sogar vor uns, wie die Kinder gerade ohne uns spielen oder in welchem Kapitel wir letzte Woche den Abschnitt unbeendet gelassen haben. Ganz klar, dass dieser mentale Parallelfilm Energie kostet.
Unzufriedenheit garantiert
Nicht nur das, diese Gedanken bringen uns in eine echte Sackgasse, denn nun können wir uns nur noch halbherzig unserer eigentlichen Aufgabe widmen. Oftmals ist uns das schlechte Gewissen gar nicht bewusst, sondern wir fühlen uns gelähmt, sind abwesend, kommen nicht gut in die Gänge und machen mit einem unzufriedenen Gefühl Feierabend.
Kennst du das? Sobald du endlich zu Hause bei deinen Kindern bist, ärgerst du dich, heute nicht mehr für die Dissertation geschafft zu haben. Und hast auch dort wieder ein schlechtes Gewissen, dieses Mal in die andere Richtung. Ein echter Teufelskreis. Vielleicht hast du dir Arbeit mit nach Hause genommen, um dein Gewissen zu beruhigen und willst unbedingt am Abend noch etwas davon erledigen. Wenn der Abend eigentlich für Entspannungszeit vorgesehen ist, geht es wieder von vorn los.
Diese Denkmuster sind ein echter Garant für Unzufriedenheit, denn sie nehmen uns die Möglichkeit, mit vollem Herzen und wachem Geist bei einer Sache zu sein. Wir können niemals zwei Dinge gleichzeitig erledigen. Auch das Multitasking wurde entmystifiziert, denn allerhöchstens wechseln wir blitzschnell zwischen verschiedenen Aufgaben hin- und her und bußen dabei noch an Produktivität ein.
Dein schlechtes Gewissen: Nerviger Begleiter oder guter Ratgeber?
Wie geht es dir denn bisher mit deinem Gewissen? Ist es für deine Promotion auch ein motivationales Bremspedal? Fühlst du dich gelähmt und bist am Ende des Tages oft unzufrieden mit deinem Ergebnis, da du nicht fokussiert arbeiten konntest?
Wie kannst du jetzt also aus diesem Karussell aussteigen? Ich zeige dir hier einen Weg, um aus dem schlechten Gewissen einen Gewinn für deinen Arbeitsprozess zu machen. Die Idee: Du schaust dir ganz genau an, warum sich gerade Bedenken melden und was dich genau jetzt vom konzentrierten Arbeiten abhält. Daraus leitest du eine ganz konkrete Veränderung ab.
4 Schritte zur Promotion ohne schlechtes Gewissen
Um konstruktiv mit dem schlechten Gewissen umzugehen, trittst du in einen gedanklichen Dialog mit ihm. Wenn es dir hilft, kannst du den Dialog auch verschriftlichen oder als Audionachricht in dein Handy sprechen. So oder so ähnlich könntest du mit deinem schlechten Gewissen in Kontakt treten:
„Hallo, da bist du ja wieder.“ – Das schlechte Gewissen bemerken und annehmen
Mache dir bewusst, dass du gerade ein schlechtes Gewissen hast und es dich ggf. davon abhält, deine Hauptaufgabe mit voller Konzentration und mit vollem Herzen zu erfüllen. Nimm diesen Umstand an und schenke deinem Gewissen einen Augenblick Beachtung.
„Nimm‘ doch einen Moment Platz.“ – Sich mit dem Gewissen zusammensetzen
Lade dein schlechtes Gewissen ein, für einen Augenblick neben dir am Schreibtisch (oder auf dem Spielteppich) Platz zu nehmen. Sieh es dir einmal an: Wo steht oder sitzt es? Welche Gestalt hat es? Wie guckt es dich an?
„Was möchtest du mir gerade sagen?“ – Den wahren Grund erforschen
Wechsle für einen Augenblick dein Promotionsthema ;o) und werde zu einer Forscherin, die sich mit dem schlechten Gewissen befasst.
- Deine Grundannahme: Das Gewissen ist absolut auf deiner Seite und hat IMMER einen guten Grund.
- Deine Forschungsfrage: Welche Botschaft hat es dir heute mitgebracht? Worum geht es eigentlich?
- Der Anwendungsbezug: Was möchte es dir gerade Gutes tun? Was kannst du jetzt verändern?
Wenn du genau hinsiehst und -hörst, was ist jetzt gerade wichtig? Vielleicht geht es dir darum, heute pünktlich Feierabend zu machen, um noch einen unbeschwerten Nachmittag mit den Kindern zu verbringen. Oder darum, jetzt sofort eine wichtige Aufgabe für die Dissertation zu erledigen. Oder dir ein festes Zeitfenster zu setzen, in dem du dich nicht ablenken lässt. Schau genau hin und ziehe etwas Konkretes für dich raus.
„Danke für die Erinnerung.“ – Zur Aufgabe zurückkehren
Wenn du eine konkrete Idee für dein Handeln hast, dann bedanke dich für den Hinweis und verabschiede dich von deinem schlechten Gewissen. Mache dir vielleicht noch eine Notiz, falls Fragen oder Gedanken für später aufgekommen sind. Jetzt kannst du dich wieder deiner Hauptaufgabe für diesen Moment zuwenden.
Das schlechte Gewissen hat seinen Namen nicht verdient
Ab heute kannst du also dein schlechtes Gewissen als etwas Gutes betrachten. Damit hat es seinen Namen nicht mehr verdient und wirkt vielleicht auch gar nicht mehr so bedrohlich. Versuche einmal, es in den kommenden Tagen als guten Ratgeber zu sehen und genau hinzuhören. Wenn negative Gedanken aufkommen, ist das völlig okay, sie sind Bestandteil der Promotion. Wenn du es schaffst, sie konstruktiv zu nutzen, dann lernst du unheimlich viel über dich und deine Arbeitsweise und kannst dir dein Leben mit Doktorarbeit und Kind immer passender gestalten.
Ich komme trotz alledem nicht voran, was kann ich jetzt tun?
Dein schlechtes Gewissen lässt sich von diesen Tipps nicht vertreiben und ist ständig präsent? Deine Aufgaben fühlen sich zu groß an, deine Mehrfachbelastung zu hoch, die Ablenkungen zu attraktiv? Dann helfe ich dir in einem Coaching weiter: Ich verschaffe dir Raum zum Durchatmen und Sortieren, so dass du deine Situation mit Abstand betrachten kannst und deine ganz individuellen Lösungen sichtbar werden. Melde dich gerne für das unverbindliche Kennlerngespräch an: hallo@klarwaerts.de
Weitere Infos zu meinem Angebot findest du hier.
Eine gute Möglichkeit ist auch der Austausch. Du bist herzlich eingeladen in meine Gruppen für promovierende Eltern auf Facebook und LinkedIn. Ich freue mich auf Dich!
Podcastfolge: Das schlechte Gewissen in der Promotion mit Kind
Hier findest Du ein Interview, das Dr. Jutta Wergen von Coachingzonen Wissenschaft mit mir zum Thema geführt hat. Ich wünsche Dir viel Spaß beim Hören und freue mich über Dein Feedback.