Alleinerziehend promovieren: Von großer Verantwortung und dem Umgang mit Selbstzweifeln

Alleinerziehend promovieren: Wie fühlt es sich an, den Alltag mit Kind, fester Stelle und Promotion zu stemmen? Und was geht innerlich in einem vor, wenn man so viel Verantwortung trägt? In diesem Bericht beschreibt Pauline, wie es ihr während der intensiven Zeit ergangen ist, welche Zweifel sie geplagt haben und was ihr besonders geholfen hat. Es freut mich so sehr, dass auch unsere Zusammenarbeit im Coaching eine der stärkenden Säulen war. Lass‘ dich herzlich gerne von ihrer Geschichte inspirieren.

­Master und Promotionsbeginn mit KiTa-Kind

Ich habe im Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie in Berlin promoviert. Meine Tochter habe ich schon vor dem Master bekommen und eigentlich war die Mutterschaft überhaupt erst Grund und Anstoß weiter zu studieren. Damals – ich war 25 als meine Tochter in die Kita ging – dachte ich, dass hiermit der Studierendenstatus am kompatibelsten ist. Dass diese wissenschaftliche Arbeit mir liegt, wurde mir in der Masterarbeit bewusst, mein Prof hat mich bestärkt und nach dem Masterstudium, einem Jahr fachspezifischer Weiterbildung und der Finanzierungsfindung in Form von ganz praktischer Projektarbeit im sozialen Bereich auf einer Teilzeitstelle konnte ich meine Dissertation beginnen.

Meine Motivation: Ich kann was!

Ich habe eigentlich immer alles um mein Muttersein herumgebaut. Ich bin alleinerziehend und war es auch schon in der Beziehung; als die Trennung kam, war meine Tochter fünf. Und ich wollte nicht „nur“ arbeiten, weil ich die Promotion als Riesen-Ding im Kopf hatte. „Du kannst promovieren, die Leute denken anscheinend du bist schlau und wenn du das wirklich schaffst, bist du tatsächlich schlau“, so ungefähr war mein Gedankengang. Ich habe diese Sache für mich als Mutter, für mich als Forscherin, für mich als Frau, für uns als Mutter-Tochter-Familie und für meinen Ausbruch aus einem gefühlten „dumme-Tochter-Image“ gebraucht.

Gemischte Gefühle zur Arbeit in der Wissenschaft

Aktuell arbeite ich an einer Fachhochschule auf einer Postdoc-Stelle in einem Forschungsprojekt und bin hier auch erst seit kurzem. So kurz, dass alles noch so neu ist. Entweder bin ich hoffnungs- und kraftvoll und denke, mit dieser Arbeit kann ich alles machen, was mir Freude bereitet, meinen Fähigkeiten entspricht und anspruchsvoll genug ist. Oder ich versinke hoffnungslos in dem großen, unübersichtlichen Haufen, verstehe nichts, sehe keine Ordnung fühle mich dumm, klein, hilflos.

Alleinerziehend promovieren: Zwischen Tabuthema und vielfältigen Talenten

Ich hatte immer das Gefühl, dass das Muttersein eine Art Tabuthema ist als Promovierende. Diese krasse Übermensch-Fähigkeit, die Frau entwickeln muss, um das zu überleben, die sieht einfach keine:r. Da ist es dann peinlich, wenn das Kind durch den Bildschirm vom Online-Kolloquium läuft. Andererseits sind Mütter – und vor allem alleinerziehende Mütter – die krassesten Organisationstalente, die es gibt. Gezwungenermaßen.

Mein Tagesablauf als alleinerziehend Promovierende

In der Schreibpause, weil man nicht nur auf den Bildschirm gucken kann, putze ich die Wohnung, nehme die Wäsche ab oder gehe als Spaziergang einkaufen. Abends gehe ich direkt ins Bett, wenn meine Tochter schläft. Häufig schlafe ich mit ihr ein, damit ich morgens 5 Uhr aufstehen kann, um dann noch schnell zu arbeiten, bevor ich morgens 6:30 Uhr Frühstück mache, meine Tochter wecke, Frühstück mache, sie zur Schule bringe. Ich wurde eine Zeitoptimierungsnutzerin, ein Organisationstalent, eine Produktivitätsmaschine, die aber auch konsequent Feierabend machen kann, denn nachmittags ist meine Tochter Programm, und so kann ich nach 16 Uhr einfach nicht mehr arbeiten. Ich habe eine Schublade für den Job, in dem ich Geld verdiene, eine Schublade für die Diss und dann noch den Rest, in dem ich hauptsächlich Mutter bin und mir Sorgen mache, dass ich es versaue.

Von inneren Zweifeln und Grenzen

Ich bestehe zu einem Großteil aus Zweifeln. Dass mein Job zu blödsinnig ist, dass ich zu dumm für die Diss bin und meine Tochter vernachlässige. Ich lerne meine Grenzen kennen. Abendveranstaltungen gibt es nicht, nur in absoluten Ausnahmefällen und mit Kinderbetreuung. Am Wochenende würde ich nie arbeiten, mit Ausnahme der letzten Tunnel-Diss-Phase. Ich kann mich gut organisieren, ich bin eine Maschine. Und meine Tochter liebe ich über alles und im Zweifel lasse ich alles liegen, wenn sie krank ist (das passierte recht häufig an meinen Diss-Tagen). Und ich weiß, dass ich nicht kaputtgehen kann und deswegen sorge ich gut für mich. Mache langsam. Bin mit kurzen Arbeitstagen zufrieden. Die größte Herausforderung war mein eigenes stetiges Dumm-du-schaffst-das-nicht-Gefühl, das ich erst am Ende überwunden habe.

Was ich gebraucht habe: Reflektieren, Bestärkung, Strukturen

Am meisten gebraucht habe ich das Gefühl, dass ich normal bin, dass es so ist und ich das gut mache. Dass jemand auf meiner Schulter sitzt – und eine ganze Zeit lang war das Majana – und mir sagt „Pauline, du machst das gut und richtig, deine Gefühle sind absolut in Ordnung und das, was du machst, ist auch wirklich groß und schwer!“. Das Reflektieren und in mich hineinspüren und nach meinem Gefühl handeln, meine Grenzen ernst nehmen ist etwas so Elementares, das habe ich durch die Diss und durch das Muttersein gelernt und es nutzt mir auch in meinem neuen Job. Ich habe mir Strukturen geschaffen, in denen ich arbeiten kann. Eine Schreibgruppe. Interpretationsgruppe. Mich mit dem Arbeitsbereich vernetzt, auch wenn ich nicht an der Uni gearbeitet hab. Majana. Regelmäßige Gespräche mit meinem Prof. Einen Zweitgutachter, der in meinem Thema drin ist und hier stetiges Feedback. Texte an Bekannte verschicken. Immer nach Unterstützung fragen und es nicht persönlich nehmen, wenn ich eine Absage bekomme.

Meine wichtigste Erkenntnis: Sei gut zu dir.

Die wichtigste Erkenntnis ist, dass promovierende Mütter sich ganz besonders um sich selbst kümmern müssen, denn ohne uns geht es nicht. Sei gut zu dir und dann erst kannst du eine gute Mutter sein. Es ist ein Wunder, dass ich es geschafft habe und am wichtigsten ist, dass ich mir das selbst glaube und anerkenne. Das lerne ich noch. Wenn man als Mutter durch die Promotion kommt, dann kann man alles, wir haben jetzt Superkräfte. Ich kann leider nicht für Eltern sprechen, denn ich habe immer alles alleine stemmen müssen. Aber allen, die alleinerziehend promovieren kann ich ermutigen, seid es euch wert! Organisation und Reflexion ist alles.

Liebe Pauline, ein riesiges Dankeschön für diesen offenen und beeindruckenden Erfahrungsbericht! Ich bin dankbar, dass ich dich begleiten durfte. Du hast es geschafft, die Dissertation einzureichen und zu verteidigen. Was für ein Erfolg, und was für eine Ermutigung für alle Leser:innen hier. Ich möchte mich Paulines Worten anschließend und dir sagen: Sei es dir wert. Und sei gut zu dir.

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